
ZUPPORT ist mehr als ein Laden – seit 20 Jahren prägt er die Skate- und Jugendkultur in Trier. Gründer Alex Schmitz ist nicht nur die treibende Kraft hinter dem Shop, sondern auch hinter der Skatehalle Trier und dem Filmprojekt Agenda 2012, das den Geist der Stadt einfängt wie kaum ein anderes. Mit einer starken regionalen Verwurzelung und über 70.000 Follower:innen auf Instagram hat er eine Plattform geschaffen, die weit über Trier hinaus Wirkung zeigt.
Im Gespräch mit Alex erfahren wir von den Erfolgen und Herausforderungen der letzten Jahre und der Bedeutung, sich in Trier nicht nur als Unternehmer, sondern auch als kultureller Wegbereiter zu engagieren. Wir sprechen über die transformative Kraft von Gemeinschaft und Kreativität und darüber, warum der Stadt so viel mehr zugetraut werden könnte, wenn mehr Mut zur Veränderung aufgebracht würde.
ZUPPORT, Film, Skatehalle – deine Arbeit ist extrem vielseitig. Wie würdest du dich selbst beschreiben? In welchen Rollen siehst du dich am stärksten?
Diese drei Bereiche prägen meinen Alltag – der Laden nimmt bereits viel Zeit in Anspruch, dazu kommen meine Leidenschaft für das Filmen und mein ehrenamtliches Engagement in der Skatehalle Trier. Gleichzeitig bin ich Vater von zwei Töchtern, und meine Familie bedeutet mir enorm viel. Die richtige Balance zu finden, ist eine Herausforderung, der ich mich jeden Tag stelle.
Wenn ich die drei Themen für mich aufteile, liegt mein Herzblut definitiv beim Skateboarding – das war schon immer eng mit dem Filmemachen verknüpft. Das eine geht für mich nicht ohne das andere. Aber einen Laden zu führen bedeutet eben auch Buchhaltung, Organisation und viele Dinge, die mit Skateboarding nicht mehr viel zu tun haben. Es ist eine Herausforderung, aber eine, die ich gerne annehme.
Die Skatehalle ist ein weiteres wichtiges Projekt. Da hat sich in den letzten Jahren viel verändert, und wir hatten eine lange Phase der Unsicherheit. Keiner wusste so richtig, wer sich in der Stadt eigentlich zuständig fühlt – ist das Sport, ist das Jugendförderung, oder müssen wir private Investoren suchen? Lange gab es keine klare Perspektive, was mit der Halle passieren würde. Wir mussten uns irgendwann zusammensetzen und entscheiden: Kämpfen wir um unseren Standort in der Aachener Straße, riskieren aber, dass wir am Ende ohne Alternative dastehen? Oder gehen wir einen anderen Weg?
Im Dezember vorletzten Jahres hat der Stadtrat einstimmig entschieden, dass die Halle für die nächsten 25 Jahre gesichert ist – ein riesiger Meilenstein! Seitdem haben wir uns neu aufgestellt: Ein festes Team trifft sich regelmäßig, diskutiert Entscheidungen gemeinsam und entwickelt neue Perspektiven. Als jemand, der die Halle von Anfang an begleitet hat, sehe ich mich heute eher in einer beratenden Rolle. Dennoch bin ich weiterhin eng verbunden – ich filme regelmäßig vor Ort, dokumentiere die Entwicklungen und arbeite an einer Fortsetzung von Agenda 2012.
Ich wäre gerne öfter vor Ort und würde auch mehr handwerklich mit anpacken. Doch zwischen Laden, Familie und meiner Filmarbeit ist das oft eine Herausforderung. Umso mehr schätze ich unser starkes Team, das mit viel Engagement die Halle weiterentwickelt. Die Zeit wird kommen, in der ich wieder aktiver mitwirken kann – bis dahin konzentriere ich mich darauf, die Entwicklungen filmisch zu begleiten und die Geschichte der Halle weiterzuerzählen.
Du bist Trier immer treu geblieben, während viele aus unserer Generation die Stadt verlassen haben. Was hält dich hier?
Wenn ich an die Anfangszeit von ZUPPORT zurückdenke, stand ich mit einem Fuß schon außerhalb von Trier. Doch irgendetwas hat mich hier gehalten. Heute weiß ich: Support ist ein wichtiger Teil dieser Antwort. Skateboarding hatte in Trier damals keinen besonders hohen Stellenwert – einerseits war es die Zeit, andererseits fehlten einfach die richtigen Spots. Also haben wir uns dafür eingesetzt, neue Plätze zu schaffen. Als die Landesgartenschau (LGS) mit der Idee eines Skateparks in Trier warb, war klar: Das ist unsere Chance, etwas zu bewegen. Wir wurden aktiv, um das Projekt zum Erfolg zu führen – und genau hier begann eine Reise, die meine Verbindung zu Trier bis heute prägt.
Vor 20 Jahren hast du ZUPPORT ins Leben gerufen. Was war die Idee und deine Vision dahinter? Was macht das Konzept so besonders?
Als Skater suchst du immer nach Spots. Eine simple Kante, an der man grinden kann, war etwas Besonderes. Die Architektur hier in Trier ist eher altstädtisch geprägt – gute Skatespots sind rar. Außerdem hatten wir kaum Möglichkeiten, in andere Städte zu fahren, und es gab nur wenige Skateparks. Wir hatten einen riesigen Durst nach Skateboarding.
Nun ist es so, dass traditionelles Skatehops oftmals viel Zeit und Energie an die Szene zurückgeben, in dem sie zum Beispiel Veranstaltungen organisieren, Sponsoring ermöglichen und oft das Bindeglied zu medialer Wirksamkeit für aktive darstellen. Das war in Trier zu derzeit nicht der Fall und war recht frustrierend. Auf diesem Missstand wurde ZUPPORT gegründet und sollte als Plattform für die Community als professionelles Fundament stehen, um auch klassischen Mehrwert für die Szene zu schaffen.
Der Name ZUPPORT war und ist Programm: mehr als nur ein Laden – eine Anlaufstelle, eine Heimat für Skater:innen. Doch war auch schnell klar, dass echter Support keine Selbstverständlichkeit ist. Viele haben unseren Weg mitgetragen, und trotz Herausforderungen haben wir nicht aufgegeben. Heute blicke ich stolz darauf zurück, die Skateboarding Kultur in Trier aktiv mitgestaltet zu haben – ein Erfolg, der ohne diese leidenschaftliche Gemeinschaft nicht möglich gewesen wäre.
Wie ist die Idee zur Skatehalle Trier entstanden? Wann nahm das Projekt konkrete Formen an, und wer war entscheidend an der Umsetzung beteiligt?
Die Idee kam mit dem Erfolg des Skateparks auf der Landesgartenschau. Wir haben früh erkannt, dass wir die Entscheidungsträger von wichtigen Planungsdetails überzeugen müssen, um einen guten Skatepark zu bekommen. In anderen Städten waren Landesgartenschau-Skateparks oft katastrophal – das wollten wir in Trier verhindern. Also sind wir direkt auf das zuständige Komitee zugegangen und haben ihnen ein professionelles Konzept „aufgezwungen“. So entstand der Skatepark, der für damalige Verhältnisse ein echter Fortschritt war. Schaut euch dazu unbedingt mal meinen Dokumentarfilm AGENDA 2012 an.
Die Halle kam später. Es war ein langer Kampf, bis wir die Zusage bekamen. Die Stadt hatte immer wieder neue Pläne für die Halle, aber mit der Zeit setzte sich die Erkenntnis durch: Die Skater:innen brauchen eine dauerhafte Alternative. 2008 bekamen wir endlich grünes Licht. Es war eine enorme Erleichterung.
Dein Film Agenda 2012 – eine Dokumentation über die Trierer Skateboardszene – fängt für mich den Spirit dieser Stadt perfekt ein. Was bedeutet dieser Film für dich persönlich und welche Rolle spielt er aus deiner Sicht für Trier?
Von Anfang an fehlte es der Halle an Planungssicherheit – wir hatten nur befristete Verträge und konnten jederzeit gekündigt werden. Das machte es nahezu unmöglich, Investoren zu gewinnen oder langfristige Projekte zu realisieren. Diese Herausforderung zu überwinden, war ein jahrelanger Prozess. Mein besonderer Beitrag lag dabei in meiner Arbeit mit der Kamera: Schon damals war Video mein Medium, und ich erkannte die Chance, unsere Situation filmisch festzuhalten, um mehr Aufmerksamkeit zu schaffen. Wir hatten oft das Gefühl, dass unsere Arbeit in der Halle von den Entscheidungsträgern kaum wahrgenommen wurde. Also dokumentierte ich, führte Interviews und zeigte die Halle aus verschiedensten Perspektiven – mit dem Ziel, ihren Wert für die Jugendkultur in Trier sichtbar zu machen.
Ich war überzeugt, dass der Film eine persönliche Ebene brauchte, um die Zuschauer wirklich zu erreichen. Doch ohne Erfahrung in der Filmproduktion war es nicht einfach, jemanden für diese zentrale Rolle zu finden. Also entschied ich mich, selbst vor die Kamera zu treten – mit dem Anspruch, dabei so objektiv wie möglich zu bleiben. Offensichtlich hat das funktioniert: Der Film wurde mehrfach ausgezeichnet und half uns, endlich ernst genommen zu werden. Ein besonders großer Meilenstein war das Interesse der Reh-Stiftung, die bis heute ein verlässlicher Partner ist und zukünftige Investitionen in die Halle unterstützt.
Du hast auf Instagram eine Community mit 70.000 Follower:innen aufgebaut. Wie fühlt sich das an?
Für mich war die Zahl der Follower nie das Entscheidende – es ging vielmehr darum, eine starke Online-Präsenz aufzubauen. Schon früh war mir klar, dass das Internet eine zentrale Rolle für die Zukunft des Einzelhandels spielen würde. Damals, in den frühen 2000ern, war E-Commerce längst nicht so etabliert wie heute, aber ich sah das Potenzial und investierte gezielt in unsere digitale Sichtbarkeit.
Gerade in der Anfangszeit, 2005, standen wir vor großen Herausforderungen: Viele Marken wollten uns nicht beliefern, die Konkurrenz blockierte uns. Doch anstatt uns davon bremsen zu lassen, setzten wir auf Social Media und Content Creation – zu einer Zeit, als viele Shops noch rein auf klassische Webseiten vertrauten. Unser Online-Store lief erfolgreich, und Facebook wurde unser digitales Schaufenster, unser Aushängeschild. Als dann Instagram aufkam, erkannten wir sofort das Potenzial – und waren von Anfang an dabei.
Heute wissen wir: Die Shops, die nah an der Szene sind, Events veranstalten und echte Verbindungen schaffen, sind die relevanten Akteure. Genau diesen Ansatz haben wir von Anfang an verfolgt – und das hat uns nicht nur Sichtbarkeit, sondern auch eine treue Community eingebracht.
Gab es einen Moment des Scheiterns oder einen besonders schmerzlichen Verlust? Und was hast du daraus mitgenommen?
Ja, es gab immer wieder Rückschläge – vor allem, wenn engagierte Menschen, die viel Verantwortung übernommen hatten, irgendwann aus Frustration ausgestiegen sind. Manche fühlten sich nicht ausreichend anerkannt, weder von der Politik noch von der Community. Doch genau aus diesen Herausforderungen sind wir als Gemeinschaft gewachsen.
Wir haben gelernt, Aufgaben demokratisch zu verteilen und als Team zu arbeiten. Das bedeutet auch, Verantwortung abzugeben – eine Fähigkeit, die nicht jedem leichtfällt. Es erfordert soziale Kompetenz und den Willen, Entscheidungen zu delegieren. Wer sein Ego zurückstellt, erkennt schnell den wahren Mehrwert: gemeinsamer Erfolg. Diese Erkenntnis war entscheidend für unsere Entwicklung.
Wie geht es für dich und deine Projekte weiter? Welche Visionen und Pläne hast du für unsere City in den nächsten 20 Jahren?
Für mich ist es essenziell, dass ZUPPORT ein fester Bestandteil der Stadt bleibt – nicht nur als Laden, sondern als Plattform für die Szene. Der Store soll fresh bleiben, wir wollen weiterhin Events auf die Beine stellen und den Spirit bewahren, den wir vor 20 Jahren ins Rollen gebracht haben. Dazu gehört auch, Veranstaltungen zu pushen und in Kooperationen mit anderen Einrichtungen die Zukunft aktiv mitzugestalten.
In den letzten Jahren hat sich der Event-Bereich verändert. Corona hat es schwieriger gemacht, große Veranstaltungen regelmäßig zu organisieren – die Mobilisierung der Leute läuft nicht mehr so selbstverständlich wie früher. Ich will nicht alles darauf schieben, aber der Lockdown hat definitiv Spuren hinterlassen, besonders bei den jungen Leuten. Die Dynamik ist heute eine andere. Trotzdem ziehen unsere Events weiterhin viele Menschen an, und mein Ziel ist es, das langfristig zu stabilisieren und wieder auf das frühere Level zu bringen.
Ein großer persönlicher Fokus liegt für mich auf dem Filmemachen. Ich merke immer stärker, dass ich mich in diesem Bereich noch freier bewegen will – sowohl inhaltlich als auch zeitlich. Aktuell arbeite ich intensiv an der Fortsetzung von Agenda 2012 und begleite die Entwicklung der Szene und der Halle. Gerade jetzt, wo die Halle endlich langfristig gesichert ist, ist es umso wichtiger, diesen Prozess dokumentarisch festzuhalten und ihre nachhaltige Entwicklung zu unterstützen.
Langfristig will ich das Filmemachen weiter ausbauen. Mit einem Kollegen habe ich Palatin Films gegründet, und wir haben bereits einige spannende Projekte umgesetzt. Mein Ziel ist es, das weiterzuentwickeln – nicht nur für die Skateszene, sondern auch für kreative und kulturelle Projekte im weiteren Sinne.
An erster Stelle steht für mich die Zeit mit meiner Familie – das ist mir besonders wichtig. Unser gemeinsames Leben auf dem Land gibt uns genau den Raum, den wir brauchen. Zusammen mit meiner Frau möchte ich unsere beiden Töchter mit viel Liebe beim Aufwachsen begleiten und diese wertvolle Zeit bewusst erleben.
Was wünschst du dir für die Zukunft unserer Stadt allgemein? Gibt es etwas, das Trier dringend braucht?
Trier hat lange auf eine Skatehalle gewartet – jetzt hat sie eine. Doch damit sie ihr volles Potenzial entfalten kann, braucht es eine umfassende Sanierung. Nur so kann sie sich in all ihrer Vielfalt und Kreativität weiterentwickeln.
Was ich mir für Trier wünsche, ist das, was jeder Stadt guttut: eine lebendige Szene, die nicht nur bestehende Angebote nutzt, sondern sich inspirieren lässt, selbst aktiv wird und eigene Projekte realisiert. Eine Kultur, in der Zusammenarbeit im Mittelpunkt steht, Netzwerke entstehen und die Community gemeinsam wächst.
Ein besserer Austausch mit der Stadt wäre ein großer Schritt nach vorne. Ich will nicht sagen, dass die Zusammenarbeit bisher schlecht war, aber sie könnte offener und direkter sein. Wenn mehr Menschen verstehen würden, welchen Wert solche Orte für die Identität einer Stadt haben, wäre das ein Gewinn für alle.
Wir brauchen mehr Mut für Neues und weniger Angst vor Veränderung.
Mehr Infos über Alex Schmitz und seine wertvolle Arbeit für die City:
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