Von allen Menschen, die wir bereits interviewt haben, ist Guido räumlich wohl am weitesten weg. Der ehemalige Eishockeyspieler der Trierer Löwen lebt und arbeitet heute in Kanada. Das Land der unberührten Wildnis und der atemberaubenden Natur.
Wir erfahren mehr über Guidos Leidenschaft für Eishockey und seine Erfolge. Außerdem verrät er uns, was ihm an seiner neuen Heimat Kanada besonders gefällt, aber auch, was er an seiner alten Heimat Trier vermisst.
Du bist gebürtig aus Trier-Euren und bist erst in deinen Mittdreißiger nach Kanada ausgewandert. Magst du eine starke Erinnerung aus deiner Kindheit oder Jugend in Trier mit uns teilen?
Ich erinnere mich gerne an meine Kindheit im Eurener Wald zurück. Schön war’s ohne Handy und Computer.
Wie bist du damals zum Eishockey gekommen?
Ende der 70er Jahre gingen wir Eurener Kinder jeden Tag in die Eishalle zum Schlittschuhlaufen. Wie viele andere in diesem Alter habe ich verschiedene Sportarten ausprobiert. Als ich dann dem neu gegründeten Eishockeyclub beitreten wollte, war meine Mutter nicht begeistert. Sie hielt das für eine vorübergehende Laune. Aber ich ließ nicht locker, bis sie schließlich sagte: “Das ist das letzte Mal, dass du eine neue Sportart anfängst.” Ich habe sogar noch das Anmeldeformular von damals.
In welcher Liga hast du gespielt und was waren deine größten Erfolge in deiner Zeit in Trier?
Als Stürmer bei den Trierer Löwen habe ich 1988 und 1989 die Junioren-Landesmeisterschaft gewonnen. In meinem ersten Jahr in der ersten Mannschaft habe ich in der Saison 1989/90 in der Aufstiegsrunde zur Oberliga das entscheidende Ausgleichstor gegen Dietz-Limburg erzielt.
1990/91 gewannen wir die Rheinland-Pfalz-Meisterschaft und stiegen in die Regionalliga auf. In dieser Saison wurde ich zum besten Nachwuchsspieler der ersten Mannschaft gewählt. In der Saison 1993/94 schaffte ich dann mit den Trierer Löwen den Aufstieg in die erste Liga Nord.
Nach dem anschließenden Wechsel in die Regionalliga Bayern spielte ich in Bitburg in der 2. Schon als aktiver Spieler wusste ich, dass meine Zukunft im Trainergeschäft liegt. Zunächst in Doppelfunktion als Spielertrainer, später dann als hauptamtlicher Trainer.
Warum Eishockey? Was macht diese Sportart für dich so besonders?
Eishockey ist der schnellste Mannschaftssport, den wir Menschen haben. Das gefällt mir. Außerdem gefällt es mir, Teil einer Mannschaft zu sein und diesen Teamgeist zu leben.
Gab es in deiner Jugend große Vorbilder im Trierer Eishockey? Und wenn ja, wer war es und warum war es so wichtig für dich und dein heutiges Leben?
In den 80er Jahren hatte ich mit Andrey Rybski und Stefan Kagera hervorragende Trainer. Aber auch Ludwik Synowiec hat mich als Eishockeyspieler und als Mensch sehr beeindruckt. Er war mein Mentor und Freund.
Alle drei haben mich gelehrt, im Eishockey wie im Leben immer über mich hinauszuwachsen. Sich selbst aus der Komfortzone zu drängen, um das nächste Level zu erreichen. Und sie hatten die gleiche Leidenschaft für Eishockey wie ich.
Spieler zu motivieren, an sich selbst zu glauben, sich sportlich und menschlich weiterzuentwickeln und ein Team zu führen, macht mir sehr viel Spaß. Mit vielen meiner ehemaligen Spieler habe ich immer noch Kontakt. Sie schätzen mein Feedback zu ihrer aktuellen Leistung, auch wenn sie inzwischen in anderen Teams oder Ländern spielen.
Wie wurdest du “entdeckt” bzw. wie hast du es geschafft, deinen ersten Job im kanadischen Eishockey zu ergattern?
Ich habe schon als Kind von Kanada geträumt. Aber ich wurde nicht entdeckt, ich habe mich selbst entdeckt. Eigentlich sind meine Frau und ich immer gerne und viel gereist, ein- oder zweimal im Jahr nach Nordamerika.
Vor etwa 20 Jahren besuchte ich einen meiner ehemaligen Spieler in British Columbia und knüpfte erste Kontakte zum kanadischen Eishockey. 2006 bin ich schließlich für ein Jahr nach Kanada gegangen. Natürlich habe ich dann alles daran gesetzt, nach Kanada auszuwandern, um meine Eishockeykarriere voranzutreiben und weil ich das Land liebe.
Was ist dein Beruf? Wie sieht zum Beispiel ein ganz normaler Mittwoch in deinem Leben aus?
Ich habe meine eigene Hockeyschule Euro Elite Hockey, die sich auf Hockeycamps, Privattraining und Beratung spezialisiert hat. Außerdem coache ich Mannschaften, je nach Verfügbarkeit.
Mein Tag sieht ungefähr so aus: Wie in jedem Geschäft mache ich morgens Büroarbeit, telefoniere mit Spieleragenten oder berate (ehemalige) Spieler. Je nach Jahreszeit verbringe ich einen Teil des Tages mit Fitnesstraining, Mountainbiking oder Paddelboarding.
Dann muss ich natürlich mein Training planen, bevor ich aufs Eis gehe. Dazu kommen zum Beispiel Videoanalysen, Besprechungen mit Spielern oder meinen Assistenztrainern.
Ab und zu fahre ich auch für ein paar Tage zu Auswärtsspielen. Es kann aber auch vorkommen, dass ich für ein paar Wochen oder Monate als Coach ins Ausland muss.
Warum Kanada? Was magst du besonders an diesem Land?
Kanada kann man nicht beschreiben, man muss es erleben. Die Landschaft ist wunderschön. Wir haben Berge, Seen und das Meer. Im Grunde lebe ich dort, wo andere Urlaub machen.
Außerdem dreht sich hier in Kanada natürlich alles um Eishockey. Das kann man sich nicht vorstellen, wenn man es nicht gesehen hat. Hier gibt es unendlich viele Eishallen, oft sogar mehrere Eisflächen in einem Gebäude.
Das ist eine ganz andere Eishockey-Welt. Die Spieler spielen nicht nur von klein auf in einem Verein, sondern wollen durch Privatunterricht und Camps die bestmögliche Ausbildung erhalten.
Gibt es etwas aus der alten Heimat, das du in Kanada ganz besonders vermisst?
Sauerbraten mit Klößen, Spaghettieis, und regelmäßige Saunagänge im Eurener Hof.
Gibt es in deiner neuen Heimat etwas, wovon sich die Trierer*innen mal eine Scheibe abschneiden können?
Vor allem natürlich die Sportanlagen. Es ist traurig, dass Sportstätten in deutschen Städten im Allgemeinen nicht sehr einladend sind. Hier in Kanada ist alles wie geleckt. Aber darauf legt Kanada auch großen Wert.
Neben den Eissporthallen gibt es hier an jeder Ecke hochmoderne, gepflegte und kostenlose Sportanlagen. Von Fußballplätzen über Baseballfelder bis hin zu Tennisplätzen und Fitnessstudios im Freien. Und die werden ständig „renoviert“, obwohl sie wie aus dem Bilderbuch sind.
Aber fernab des Sportlichen kann man sich die Mentalität abschauen. Also diese Gelassenheit, der Mut zur Veränderung und das Selbstvertrauen. Bei meinen Besuchen in der alten Heimat fällt mir zum Beispiel immer wieder auf, dass Autofahren in Trier sehr anstrengend ist.
Ich bin nirgendwo so angebrüllt und beleidigt worden wie auf den Straßen von Trier. Seit ich in Kanada lebe, denke ich nicht mehr darüber nach, was alles schief gehen könnte, sondern sehe jede Veränderung als Chance. In Trier hatte ich oft das Gefühl, ausgebremst zu werden. Zum einen natürlich von mir selbst, aber auch von anderen.
Bist du noch oft in deiner alten Heimat? Was gefällt dir hier besonders gut?
Klar, ich habe ja noch Familie und Freunde in Trier. Ich schätze, dass bei meinen Besuchen meine Jugendfreunde zusammenkommen. Das ist immer sehr lustig.
Gibt es etwas was du den Trierer*innen sagen möchtest?
Man kann alles erreichen, wenn man an sich selbst glaubt, nicht locker lässt und ein Umfeld hat, das einem sagt: „Super, mach das.“
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