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Tobias Hött – Von Trier nach Köln: Casting, Kunst und Vintage-Leidenschaft

Ein Leben zwischen Trier und Köln – Tobias Hött lebt die perfekte Balance zwischen Heimatverbundenheit und neuen Perspektiven. Seit fast 25 Jahren als Casting-Experte im TV tätig, hat er faszinierende Menschen kennengelernt und zahlreiche Geschichten erzählt. Tobi unterstützt die queere Community, engagiert sich aktiv in der Kunstszene und bringt mit seinem Vintage-Projekt @vintagedecologne Nachhaltigkeit und antike Fundstücke zusammen. Wir sprechen über seine Karriere, sein Ehrenamt im Kunstverein Trier e.V. und seine Leidenschaft, das Erbe des Trierer Künstlers Reinhard Heß zu bewahren. 

Wo kommst du ursprünglich her und wo lebst du derzeit?

Ich bin in Trier geboren und aufgewachsen – die Stadt hat mich geprägt. Auch wenn ich mittlerweile in der Kölner Südstadt lebe und es hier liebe, bleibe ich meiner Heimat immer verbunden.

Du machst seit fast 25 Jahren Casting für TV-Formate und bist seit über 10 Jahren Head of Casting. Das klingt nach einem Traumjob!

Ja, es sind inzwischen fast 25 Jahre, und ich bin schon immer im Casting tätig, weil ich es liebe, Menschen kennenzulernen, ihre Geschichten zu entdecken und zu erzählen. Die Vielfalt an Persönlichkeiten und Storys ist unglaublich und inspiriert mich immer wieder aufs Neue.

Was macht ein Head of Casting? Wie sieht ein typischer Arbeitstag in dieser Position aus?

Im Casting geht es immer darum, Menschen und ihre Biografien kennenzulernen. Je nach Format sind die Anforderungen ganz unterschiedlich – bei einer Quizshow ist das anders als bei einer Dating-Show. Kein Tag ist wie der andere, und genau das macht meine Tätigkeit so spannend. Hinzu kommt die strukturelle Seite: Ich entwickle Prozesse, um Wissen und Erfahrungen aus jahrzehntelanger Praxis zu dokumentieren und weiterzugeben. Dadurch entsteht eine nachhaltige Grundlage für zukünftige Projekte, die nicht nur kreativ, sondern auch organisatorisch gut durchdacht sind.

Welche Arten von Produktionen sind für dich am spannendsten? Was hat dir bisher am meisten Spaß gemacht?

Ich liebe Produktionen, bei denen ich nicht nur interessante Menschen kennenlernen, sondern auch in ihre Lebenswelten eintauchen kann. Für mich machen Nähe und Authentizität Formate besonders. Außerdem hatte ich das Privileg, an traumhaften Orten wie den Malediven, Teneriffa und Istanbul zu arbeiten – unvergessliche Erlebnisse! Ein besonderes Highlight war ein Helikopterflug über den Bosporus, der mir die Schönheit der Stadt aus einer neuen Perspektive gezeigt hat.

Wie bekomme ich einen Job im Casting? Hast du Tipps für Trierer*innen, die eine ähnliche Karriere anstreben?

Einfach probieren, fragen und sich initiativ bewerben! Und wenn es beim ersten Mal nicht klappt, später nochmal versuchen. Quereinsteiger*innen sind in der Branche immer willkommen. Ich selbst hatte nicht geplant, ins Casting zu gehen. Aber ein Praktikum, das ich damals nicht bekommen habe, hat mich nicht entmutigt – stattdessen habe ich als freier Mitarbeiter angefangen und war schon zwei Wochen später bei einem Casting in Stuttgart. So hat alles angefangen.

Du bist beruflich und privat sehr aktiv im Bereich Queerness und Diversität. Warum ist dir dieses ehrenamtliche Engagement so wichtig?

Als Mitglied bei be.queer und Pate für Queerness setze ich mich aktiv dafür ein, marginalisierten Gruppen eine Stimme zu geben. Mir ist es wichtig, dass Vielfalt nicht nur ein Schlagwort bleibt, sondern im Alltag gelebt wird – gerade in Zeiten, in denen gesellschaftliche Akzeptanz scheinbar wieder weniger selbstverständlich wird.

In Trier engagierst du dich auch im Bereich Kunst und bist im Vorstand des Kunstvereins Trier Junge Kunst e.V. Welche Rolle spielst du dort, und welche Aufgaben übernimmst du im Verein?

Ich bin als Schatzmeister Teil des Vorstandes, verwalte die Finanzen und kümmere mich um Unterstützungsbeiträge. Aber auch in der Kuration von Ausstellungen bin ich aktiv. So habe ich zum Beispiel die Ausstellung des Kölner Künstlers Simon Schubert organisiert, dessen beeindruckende gefaltete Papierarbeiten uns alle begeistert haben.

Stichwort Trierer Kunst: Du hast eine große Leidenschaft für die Werke des Trierer Malers Reinhard Heß und setzt dich aktiv für seine Kunst ein. Wer war Reinhard Heß und woher kommt deine Begeisterung für seine Arbeiten?

Reinhard Heß war ein überregional bekannter Maler und Glasmaler und Teil meiner Familie. Ich bin mit seinen Werken aufgewachsen und habe irgendwann gemerkt, dass es an der Zeit ist, sein Schaffen erneut in den Fokus zu rücken. 2009 habe ich zusammen mit dem Kunstverein Trier Junge Kunst dazu eine Ausstellung organisiert und im weiteren Verlauf festgestellt, dass es noch unglaublich viel zu entdecken gilt – nicht nur bei den Werken, sondern im gesamten Nachlass.

Ein Großteil seines Nachlasses ist bis heute in Familienbesitz, und das erfüllt uns mit Verantwortung und Stolz. Die Familie, allen voran meine Mutter, die Künstlerin Antonia Hess-Brünemann und ich, sehen es als unsere Aufgabe an, sein Werk zu bewahren und lebendig zu halten. Wir sammeln zum Beispiel seine grafische Arbeiten, die noch nirgendwo dokumentiert sind. Es ist spannend, immer wieder Neues zu entdecken und sich darüber auszutauschen – nicht nur bei Reinhard Heß, sondern auch bei anderen Trierer Künstlern wie Jakob Schwarzkopf.

Damit nicht genug – viele Trierer*innen kennen dich auch vom Trödelkiez, wo du mit deinem Vintage-Side-Hustle @vintagedecologne vertreten bist. Was steckt hinter diesem Projekt, und wie kam es dazu?

Meine Leidenschaft fürs Sammeln schöner Dinge begleitet mich schon mein ganzes Leben. Mit @vintagedecologne habe ich einen Weg gefunden, diese Schätze zu teilen und ihnen ein neues Zuhause zu geben – auf eine nachhaltige Art, die einfach Freude macht. Es ist schön zu sehen, wenn jemand begeistert von einem Fundstück ist und es in sein Zuhause integriert. Außerdem passt es gut zu meiner Arbeit im Casting und in der Kunst – es geht immer um Auswahl und Geschichten.

Du bist ja regelmäßig in deiner Heimat zu Besuch. Welche Bedeutung hat Trier für dich?

Trier ist für mich ein zentraler Anker, genauso wie Köln. In Trier habe ich meine Familie und einen großen Freundeskreis, während Köln meine „Chosen Family“ bietet, viele Freunde, die ich ebenfalls aus Trier kenne, und noch viele neue, die dazugekommen sind immer noch dazukommen. Es geht mir nicht darum, mich zwischen den Orten zu entscheiden, sondern darum, das Beste aus beiden Welten mitzunehmen.

Wie würdest du Trier in drei Worten beschreiben?

Dat darf datt! – Da fällt mir eine Geschichte zu meinem Vater ein. Er ist nicht nur ein weitsichtiger Unternehmer, sondern auch kreativ und offen für Neues. Als Johannes Kolz mit seinen Trier-Comics bekannt wurde, erkannte mein Vater früh das Potenzial dieser Zeichnungen für die lokale Werbung. Er bat Kolz, eine Anzeige zu gestalten, und heraus kam ein überraschender Comic: Eine Frau strich die Porta Nigra an – was natürlich Empörung bei den Passanten auslöste. Einer fragte auf Trierer Platt: „Darf dat datt?“ Woraufhin ein anderer gelassen antwortete: „Dat darf datt!“ Und als der erste ungläubig nachhakte: „Datt dat datt darf!“, schloss der andere entspannt: „Jo, dat darf datt.“

Dieser Comic beschreibt die Trierer Mentalität perfekt: Zuerst Skepsis und kritisches Hinterfragen, dann Gelassenheit und Akzeptanz – oft mit einem Augenzwinkern. Genau diese Mischung aus Skepsis, Humor und Kompromissbereitschaft macht die Mentalität der Trierer:innen aus und zeigt, wie man trotz unterschiedlicher Meinungen zusammenfindet.

Mehr Informationen über Tobias Hött und seine Arbeit:

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