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Podcast

Beatrice Linzmeier, Liebeserklärung an die Moselstadt

Foto von Bea: Linda Blatzek | Foto von Christoph: Beatrice Linzmeier

Wie aus dem Nichts entstand plötzlich DearTrier.de. Das erste Posting auf Instagram mit der Aufschrift “Coming Soon” ließ erahnen, dass der Gong für ein großes Projekt geschlagen hat. Und dann erfuhr man Schritt für Schritt, worum es eigentlich geht: Trier hatte einen reichweitenstarken Blog gewonnen. Ein Format, das in der Ära von Bewegtbild doch vielleicht ein bisschen aus der Zeit gefallen zu sein schien. Es hat was aus einer Mischung von Tagebuch und Freundschaftsbuch, wo sich Triererinnen und Trierer eintragen und ihre Geschichten erzählen. Das wäre aber vielleicht auch eine Interpretation – und im ehrlichen Trierer Podcast „Im Leben ni(s)cht“ zählen ja die Fakten. Und damit herzlich willkommen liebe Bea, Initiatorin und Macherin von DearTrier.de.

Hallo Bea, schön, dass du da bist. Ist es so gedacht gewesen, dass dein Blogprojekt DearTrier.de ein Tagebuch ist, wo man sich einträgt? Anstelle von “Liebes Tagebuch“ also quasi ein “Liebes Trier”?

Ursprünglich sollte es kein Tagebuch werden, sondern vielmehr eine Liebeserklärung an meine Heimatstadt Trier. Nachdem ich 20 Jahre lang nicht in Trier gelebt hatte, bin ich im Oktober letzten Jahres wieder zurückgezogen und wollte meiner Heimatstadt etwas (zurück-)geben, basierend auf dem, was ich in all den Jahren unterwegs gelernt hatte: “Was kann ich Trier schenken oder geben? Was kann ich für die Stadt tun? Wie kann ich es bereichern mit den Mitteln, die ich am besten kann?“ habe ich mich gefragt und als Social Media Marketerin mit einer kleinen Social Media Agentur entschied ich mich für das Blogprojekt DearTrier.de.

Deine Augen leuchten, wenn du davon erzählst.

Ja, ich liebe meine Arbeit! Die Intention hinter dem Blog war es, zu zeigen, wie viele unglaublich beeindruckende und coole Menschen hier leben. Dabei geht es allerdings nicht nur um interessante Triererinnen und Trierer, sondern auch um Menschen, die ursprünglich aus Trier stammen oder hier eine Zeitlang gelebt haben. In meiner Laufbahn habe ich viele verschiedene spannende Menschen kennengelernt und ich wollte unbedingt die Vielseitigkeit an Menschen aus der Region zeigen.

Lass uns mal auf diese Phase kommen, wo Trier in dich investiert hat, bevor es dann zu diesem „Return on Invest“ gekommen ist und du jetzt was zurückgibst. Bist du gebürtig ein Trierer „Mädchen“? Wo bist du zur Schule gegangen?

Ich bin gebürtig ein Eurener Mädschi! (Bea lacht.) Ich bin auf mehrere Schulen gegangen. Mit Grundschule waren es sechs, um genau zu sein: AVG, Blandine Merten – dort war ich ganze neun (!) Monate, bevor ich geflogen bin. Ich war in Trier-West und in Ehrang auf der Hauptschule und habe dann auf dem Wirtschaftsgymnasium mein Abitur gemacht. Im Grunde genommen habe ich in Trier fast alle Schulen durch. Dazu bin ich auch noch zweimal sitzen geblieben. Das heißt, ich durfte schon in jungen Jahren richtig viele Menschen kennenlernen.

Es ist Wahnsinn, aber auch schön, dass du da so mit einem Leuchten weiterhin in den Augen darüber sprechen kannst. Und glaubst du, dass durch diese häufigen Schulwechsel es dir leichter gefallen ist, auch deinen Wohnort zu wechseln und dich ganz schnell auf neue Dinge einzustellen?

Ich glaube nicht, dass die Schulwechsel etwas damit zu tun haben. Vielmehr meine Neugier und mein Wissensdrang sowie Lust auf Neues sind dafür verantwortlich. Zudem bin ich ein Mensch, der vergangenen Sachen nicht wirklich hinterhertrauert. Ich lebe im Hier und Jetzt und es fällt mir leicht, in einer neuen Umgebung zu leben und auch ein neues Leben aufzubauen.

Und dann kam ja der erste Auszug aus Trier. Wo ist es dann hingegangen?

Nach New York. Mit 18 Jahren war ich Au-pair in New York. Ich wollte als Teenie schon immer weg, weg, weg von Trier. Schon als Jugendliche war es mir hier zu klein.

Wie war das für dich? Das ist ja schon ein Kontrast zu Trier.

Ja, es war großartig! Was für eine Wahnsinns Bereicherung! Ich habe sehr viel gelernt. In New York habe ich angefangen, mich für Menschen, Sprachen, Kulturen, Fotografie und Literatur zu interessieren. Ich habe in New York meine ersten Bücher gelesen. Es war für mich auf jeder Ebene eine absolute Horizonterweiterung!

Und wie war das so von deiner Einstellung zum Leben, als du jetzt das kulturelle New Yorker Leben kennengelernt hast, dann wieder zurückzukommen?

Bea im Podcast “Im Leben ni(s)cht!” | Foto: Christoph Jan Longen

Ohje, das war heavy. Aber auch vom Mindset her. Ich kam tatsächlich zurück aus New York und dachte: “If you can dream it, you can make it! Alles ist möglich.” Zurück in Trier wurde ich dann allerdings schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Und ja, das war dann schon echt schwer für mich, hier wieder zu leben.

Nach New York hast du zum zweiten Mal das Bedürfnis verspürt, aus Trier rauszugehen. Und wo ging es dann hin?

Nach meinem Abi ging es für mich nach Paris. Ich wollte unbedingt einen Sprachkurs an der Sorbonne machen und habe dann auch relativ flott einen Job in der Marktforschung gefunden. So konnte ich mir das teure Leben in Paris leisten. Nach einem halben Jahr in Paris ergab sich die Möglichkeit, mit einer guten Freundin für drei Monate durch Südamerika zu reisen. Das habe ich dann auch gemacht und wir hatten eine gute Zeit.

Anschließend bin ich für mein Studium nach Mainz gezogen. Dort habe ich Russistik, Osteuropäische Geschichte und Amerikanistik studiert. Dann war ich praktisch immer nur noch in Russland, um die Sprache richtig zu lernen. Das Erlernen der Sprache war eine große Herausforderung für mich – gerade als Deutsche mit meinem Lebenslauf.

Nach dem Studium bin ich dann nach Berlin. Dort hatte mir eine Freundin eine Wohnung besorgt und ich hatte schon ein Jobangebot von einer Kommunikationsagentur. In Berlin gab es bereits ein kleines Netzwerk von Leuten und musste nicht mehr ganz von vorne beginnen.

Was vermisst du denn an Berlin am meisten?

Das ist eine sehr gute Frage. Also in der Stadt selbst vermisse ich nichts – ich fühle mich hier mega wohl. Ich liebe die Stadt und genieße das Leben hier sehr. Ich mag es, zum Beispiel, am Samstagmorgen in die Stadt zu gehen und erst abends wieder heimzukommen. Überall trifft man nette Menschen und geplante Vorhaben werden spontan verworfen und geändert. Das genieße ich sehr. Ich finde es fantastisch, dass man schnell in der Natur ist, aber auch, dass meine Eltern und meine liebe Familie so nah bei mir wohnen. Das ist schon wirklich eine krass hohe Lebensqualität.

Allerdings gibt es tatsächlich drei Dinge, die ich am Leben in der Großstadt vermisse. Diese Frage wird mir häufig gestellt, deswegen habe ich mir darüber schon einmal Gedanken gemacht und habe gleich eine Antwort parat.

Erstens fehlt mit der Pace in der Stadt – also die Geschwindigkeit. Ich bin sehr lösungsorientiert und packe gerne an. Anstatt Probleme zu thematisieren, spreche ich lieber über Lösungen und will schnell Probleme aus der Welt schaffen und daran arbeiten.

Zweitens: Eine Fehlerkultur. Ich finde, dass wir in Trier ganz, ganz dringend eine gesunde Fehlerkultur brauchen. Es sollte definitiv mehr Menschen geben, die mutig sind und ihre Ideen verwirklichen, ohne sich zu sehr um die Meinung anderer zu kümmern. In einer kleinen Stadt wie Trier, in der man viele Leute persönlich kennt, werden manche vielleicht daran gehindert, ihre Pläne umzusetzen, aus Angst vor Versagen oder möglichen negativen Reaktionen. Das nimmt der Stadt viel Potenzial und kreative Ideen. Ich finde, wir sollten hier eine Fehlerkultur etablieren und offen für neue Ideen sein. Falls jemand aus der Community eine Idee hat, wie wir das angehen könnten, schreibt mir doch gerne eine  Direct Message. Ich freue mich riesig über Ideen und Input, wie wir gemeinsam etwas bewegen können!

Und drittens – ich finde, da machen wir beide einen grandiosen Job und sind in gewisser Weise auch Role Models – herrscht in Trier seltsamerweise Konkurrenzdenken. In Gesprächen mit  Protagonist*innen oder auch Freund*innen fällt mir häufig auf, dass einige oft von Konkurrenzdenken sprechen. Man denkt, man könne irgendjemandem irgendetwas wegnehmen, sei es Kund*innen oder Jobs. Doch ich sehe das anders: Alles, was wir in Trier haben, ist eine Bereicherung für die Stadt. Jede*r ist einzigartig auf seine und ihre eigene Art und wenn wir mehr zusammenarbeiten und uns gegenseitig unterstützen und pushen, können wir noch Größeres schaffen. Gemeinsam kommen wir weiter, schneller weiter und schaffen Neues. Das wiederum würde der Stadt viel Bereicherung bringen. Umso mehr Vielfalt und Kreativität wir hier haben, desto besser und schöner wird es, hier zu leben. Denn die Verschiedenheit und Fülle an Ideen bereichern unsere Lebensqualität und machen unser Städtchen zu etwas ganz Besonderem.

Beatrice Linzmeier | Foto: Linda Blatzek

Und jetzt, liebe Bea, stell dir vor, du könntest alle Plakatwände in Trier mit einem Satz versehen?

Oh, das ist ein großer Traum, den ich gerne im Rahmen meiner Arbeit für DearTrier.de verwirklichen würde! Es gibt viele inspirierende Sätze, die mir da einfallen: Trau dich! Mach es! Tu es! Bereichere diese Stadt! Unterstütze andere! Das ist eines der vielen Projekte, die ich gerne umsetzen möchte: Trier mit positiven Affirmationen plakatieren, die das Mindset der Trierer*innen ein klitzekleines Bisschen ändern und uns dazu ermutigen, kreativ und aktiv zu werden, um Großartiges für unser schönes Städtchen zu schaffen!

Das sind schöne Schlussworte für diese Folge des ehrlichen Trierer Podcasts mit der Initiatorin und Macherin von “DearTrier.de”. Dankeschön, liebe Bea.

Danke dir! Hat Spaß gemacht 🙂


Dies ist eine gekürzte Fassung des Podcast “Im Leben ni(s)scht” von Christoph Jan Longen. Die ganze Podcastfolge mit Beatrice Linzmeier findest du hier.

Weiterführende Infos über Beatrice Linzmeier und Christoph Jan Longen und die Arbeit der beiden:

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**Das Foto von Bea ist von der grandiosen Trierer Fotografin Linda Blatzek

Über die Autorin
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Beatrice Linzmeier
Bea ist die Initiatorin von DearTrier.de. Die gebürtige Triererin ist aus der Hauptstadt zurück in ihre schöne Heimatstadt Trier gezogen. Hier betreibt sie eine kleine Social Media Agentur, schreibt für ihr Blogprojekt und genießt das Leben mit ihrer Family in vollen Zügen.

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