
Vom Berliner Techno-Label Boys Noize in die Tech-Branche der Hauptstadt und schließlich zurück an die Mosel – Michael Linzmeier hat einen beeindruckenden Weg zurückgelegt. Seine musikalische Reise begann als DJ im legendären Trierer Club Forum, heute findet man seine Tracks auf Compilations wie Future Trance und about:berlin von Universal Music.
In dieser Episode tauchen wir in Michaels Welt ein: Von seinen Anfängen in Trier über seine Zeit in Berlin bis hin zu seinem aktuellen Job als Chief Product & Technology Officer bei HRS.de. Erfahre mehr über seine Liebe zur Musik, seinen sJob in der Tech-Branche und warum er sich nach all den aufregenden Jahren in der Hauptstadt doch wieder für seine Heimatstadt Trier entschieden hat.
Wo kommst du her und wo bist du aufgewachsen?
Ich bin in Schweich aufgewachsen und in Trier-Ehrang geboren. In Schweich bin ich zur Grundschule gegangen, in Trier-Ehrang aufs Gymnasium und dann nach Berlin.
Wieso bist du damals nach Berlin?
Ich bin 2007 nach Berlin gegangen, um dort zu studieren. Ich hatte mich in verschiedenen Städten beworben und aus Bremen und Birkenfeld kam auch relativ schnell die Zusage, dass ich einen Platz bekommen habe. Aber ich habe mir damals schon gedacht: “Wenn jetzt schon zwei Städte mit B zugesagt haben, dann kommt vielleicht auch noch das dicke B” und tatsächlich hat mir dann auch die BHT in Berlin einen Platz angeboten. Ich habe in Berlin Medieninformatik studiert und nebenbei in der Musikbranche gearbeitet.
Wie bist du an den Job bei Boyz Noize gekommen? Was hast du da gemacht?
Alexander Ridha aka Boys Noize habe ich damals im Forum kennengelernt, weil ich neben dem Auflegen auch die Künstlerbetreuung gemacht habe. Samstags war also der House- und Electro-Abend im Forum. Da kamen immer internationale DJs, unter anderem auch Alex. Ich habe die Künstler*innen vom Flughafen abgeholt, zum Hotel gefahren und ins Forum zum Gig gebracht.
Den Job bei Boys Noize selbst habe ich meinem Kumpel Daniel zu verdanken, der damals bei Universal gearbeitet hat. In der Zeit und vor Antritt meines Studiums wurde bei Universal eine interne Mail rumgeschickt, dass ein*e Werkstudent*in gesucht wird. Mein Kumpel hat dann direkt gesagt: „Hier, ich kenne jemanden, der gerade nach Berlin gezogen ist und Alex kennt ihn auch.”
Wir haben uns dann auf dem Amy Winehouse Konzert getroffen. An dem Abend war sofort klar, dass wir zusammenarbeiten wollen. Und ja, ich war dann insgesamt sechs Jahre bei Boys Noize.
Was war in dieser ganzen Zeit das krasseste Erlebnis?
Bei Boys Noize war ich damals Booking Agent, also mehr im Hintergrund. Ich habe die Künstler*innen international verbucht – es waren ungefähr 15 Talente auf dem Label. Weil ich so im Hintergrund war, habe ich gar nicht so mitbekommen, wie bekannt sie geworden sind. Boys Noize selbst ist ja durch die ganze Welt getourt, aber dass es da so einen Hype gibt, war mir gar nicht so bewusst.
Das ist mir erst so richtig bewusst geworden, als ich mit ihm und einem anderen Act in Glasgow war. Wir waren im Hotel, im Plattenladen und natürlich in Glasgow selbst essen. Als wir abends zur Venue gingen, wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie berühmt er ist. Es gab eine riesige Schlange.
Ich bin mit Alex links an der Schlange vorbei auf die andere Straßenseite gegangen. Die Leute haben die ganze Zeit Fotos von ihm gemacht und geschrien. Alle wollten irgendwie mit ihm interagieren. Da wurde mir erst richtig bewusst, dass ich da für eine ziemlich große Sache arbeite.
Ja, krass! Und danach hast du ja was ganz anderes gemacht und eine Medienagentur gegründet? Wie kam es dazu?
Durch mein Studium war mir schon immer klar, dass ich langfristig etwas mit Software- und Produktentwicklung machen möchte. Nach all den Jahren in der Musik- und Clubszene brauchte ich einen Tapetenwechsel.
Ich habe damals meinen Kommilitonen und Homie Johannes gefragt, ob wir eine Agentur aufmachen wollen und er war direkt dabei. Unser erster Job war eine Kooperation mit Spotify. Wir haben für sie eine Slot-Machine für Boys Noize gebaut, also die Software dafür.
Da haben wir beide gemerkt, dass die Zusammenarbeit eigentlich ganz gut funktioniert und auch die Nachfrage da ist. Also haben wir angefangen, mehr Aufträge anzunehmen. Dadurch habe ich mich dann immer mehr von der Musikszene verabschiedet und mich mehr der Softwareentwicklung gewidmet.

Michael Linzmeier | Foto: Linda Blatzek
Vom Techno zu Tech sozusagen: Heute arbeitest du als CPTO (Chief Product and Technology Officer) bei HRS im Köln. Was sind da so deine Aufgaben?
Ich bin der Geschäftsführer für den Bereich Produkt- und Softwareentwicklung. Wir betreiben die Marken HRS.de und Hotel.de. Also alles, was man so im Buchungsfunnel sieht. HRS.de, das Hotelportal mit dem Fokus auf Geschäftsreisende und Hotel.de mit dem Fokus auf Privatreisende.
Dazu betreuen wir den Buchungsfunnel im Web sowie in der mobilen App und bauen neue Features ein. Durch mein Studium bin ich technisch sehr affin. Ich kann Code lesen, verstehen und auswerten. Deshalb ist es mir wichtig, nicht nur die Produktebene zu leben, sondern auch die Softwareentwicklungskultur im Unternehmen ein Stück weit zu etablieren.
Was liebst du an der Tech-Branche? Was macht die Arbeit für dich so interessant?
Ich finde es gerade super spannend, was jetzt alles neu kommt und was in den letzten zehn Jahren passiert ist – Social Media und Web 1.0, 2.0 und 3.0. Man ist in dieser Branche immer am Puls der Zeit. Und im Moment macht es auch super viel Spaß durch die Möglichkeiten mit AI und ChatGPT. Das kann man super für den eigenen Bereich adaptieren und integrieren.
Ich wusste schon damals, als ich Medieninformatik studiert habe oder die Ausbildung zum Informationselektroniker gemacht habe, dass der Bereich Elektronik nie aufhört, sich weiterzuentwickeln. Es kommt immer was Neues. Das ist alles super cool und interessant. Es ist toll, dass man all diese Möglichkeiten mitnehmen und sich selbst in der Produktentwicklung challengen kann.
Nebenbei produzierst du immer noch Musik, warst schon mehrmals mit deiner Musik auf der Future Trance und auch auf anderen Compilations von Universal Music. Dein Herz schlägt also immer noch für die Musik?
Durch meine Zeit in der Musikwelt und vor allem durch meine Zeit bei Boys Noize habe ich viele Einblicke ins Produzieren bekommen. Ich habe damals angefangen zu produzieren und es hat mir damals wie heute sehr viel Spaß gemacht. Allerdings fehlt mir jetzt ein bisschen die Zeit, weil andere Dinge, wie zum Beispiel die Familie, wichtiger sind.

Michael und Beatrice Linzmeier | Foto: Linda Blatzek
Also back to the roots: Warum bist du nach all den Jahren wieder in die Heimat zurückgekehrt? Wie war es für dich, wieder hier zu sein? Wie hat sich das angefühlt?
Also in erster Linie wegen der Familie. Ich glaube, es tut uns sehr gut, dass wir Kontakt zur Familie haben. Das war vorher nicht möglich. Außerdem hat unsere Tochter hier die Möglichkeit, ganz anders aufzuwachsen.
Die Großstadt hat ihre guten, aber auch ihre schlechten Seiten und zum Schluss konnte ich oder konnten wir Berlin nicht mehr so richtig genießen. Wir haben die Großstadt und ihre Möglichkeiten gar nicht mehr genutzt. Berlin ist Nachtleben und Party und wenn man das nicht mehr wahrnimmt, dann stimmt irgendwann das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht mehr.
Es ist toll, dass wir jetzt hier sind und den Geburtstag der Kleinen auch mit der Familie feiern können. Außerdem hat man hier nicht diesen stressigen Lebensstil und das gefällt mir sehr. Seit wir hier sind, bin ich mehr zur Ruhe gekommen, weil ich das hektische Berlin hinter mir gelassen habe. Diese Gelassenheit der Leute hier ist toll. Allein das Autofahren in Trier ist ganz anders. Hier lassen dich die Leute rein, geben dir die Lichthupe, dass du vor ihnen fahren darfst. Hier gibt es kein Ego. In Berlin dagegen ist einfach immer irgendwie Chaos.
Wer ist hier in der Region im Bereich Musik richtig gut?
Ich war damals in Berlin im SO36. Das ist so ein traditioneller Rockladen in Berlin in der Oranienstraße. Da war die Band Love A aus Trier und das sind auch Leute, die damals mit mir in der Schule waren. Die waren damals schon sehr professionell und haben auch sehr, sehr gute Musik gemacht. Als ich die in Berlin live gesehen habe, fand ich das schon sehr cool. Die machen das echt gut!
Da war ich auch ein bisschen stolz, Trierer zu sein. Man hatte auch ein ganz anderes Verhältnis zu der Band. Es war einfach cool, in Berlin in einer Traditionslocation zu sein und eine Band aus Trier spielen zu sehen.
Möchtest du dich musikalisch in der Region engagieren?
Ich habe auf jeden Fall darüber nachgedacht, all das Wissen, das ich habe, weiterzugeben. Ich glaube, es würde mir Spaß machen, mit jungen Talenten zu arbeiten und zu sehen, wo Potenzial ist, um Leute weiterzubringen. Vor allem in Richtung Musikproduktion, DJing oder so. Ich glaube, das würde mir viel Spaß machen und da würde ich mich auch sehen. Es ist jetzt noch nichts geplant, aber das wäre was, was ich gerne machen würde.
Aber um der Region vielleicht schon mal etwas mit auf den Weg zu geben, haben wir beide uns auch überlegt, eine DearTrier-Playlist zu machen, die monatlich aktualisiert wird. Auf dieser Playlist findet man dann unter anderem meine Lieblingssongs, was mich gerade bewegt oder auch Trends von TikTok. Vielleicht kann ich so auch musikalisch einen kleinen Beitrag für Trier leisten.
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