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Verena Hubertz, Bundestagsabgeordnete bringt frischen Wind in die Region

Verena Hubertz hat schon in jungen Jahren die erfolgreiche App und das Startup Kitchen Stories gegründet. Nun bringt sie als Bundestagsabgeordnete für Trier und Trier-Saarburg frischen Wind in die Region und setzt sich mit viel Elan, Ausdauer und Herzblut für die Menschen, die hier leben, ein.

Ich durfte die unermüdliche Politikerin in ihrem Bürgerbüro an der Porta Nigra treffen und wir haben uns über ihre Zeit bei Kitchen Stories und ihre politische Arbeit für Trier unterhalten. Nach unserem Gespräch ist für mich klar, ich bin begeisterter als je zuvor, und auch dankbar, so eine tolle Frau und Politikerin für unser schönes Städtchen und unsere Region im Bundestag zu haben.

Liebe Verena, wo kommst du her, wo hast du während deiner Studienzeit gelebt und wo wohnst du aktuell – wenn man das eine Politikerin überhaupt fragen darf?

Darfst du. In Trier geboren. In Lampaden, Konzer Tälchen und Konz-Roscheid bin ich aufgewachsen, habe dort Abi gemacht und dann in Trier studiert. Während des Studiums habe ich in der Bruchhausenstraße gewohnt. Und jetzt wohne ich in der Trierer Innenstadt, aber offiziell ist es Trier-Nord.

Wann wusstest du, dass du in die Politik gehen möchtest? War dir das schon sehr früh klar oder kam das erst später?

In meiner Abizeitung stand schon geschrieben: Verena geht mal in den Bundestag. Übrigens stand dort auch: Koche niemals mit Verena. (Verena lacht.) Also mittlerweile kann man mit mir auch kochen, da habe ich das Gegenteil bewiesen. Und dass ich in die Politik gehe, das habe ich dann ja auch gemacht.

Mir war schon recht früh klar, dass ich was bewegen wollte. Irgendwie habe ich schon immer gerne angepackt. In der Oberstufe habe ich einfach mal den Bundestagskandidaten angerufen, der in Trier frei kandidierte, um ein Interview auf Kassette aufzunehmen, das ich dann meiner Klasse vorgespielt habe. Mir war auch klar, dass ich im Alter von 19 Jahren nicht in die Politik gehen werde, falls man sowas überhaupt planen kann. Ich habe mich für wirtschaftliche Zusammenhänge interessiert und dieses “Einfach Dinge umsetzen” und wollte erst einmal in die Wirtschaft. Erfahrungen sammeln, bevor es potentiell in die Politik geht. Ich habe dann BWL studiert, aber dass es mich reizt und mich in die Politik ziehen wird, das war mir schon in der Schulzeit klar.

Dein erster Job sollte dann gleich die Gründung der erfolgreichen App und Startups “Kitchen Stories” sein. Echt krass, was du da mit deiner Kommilitonin und Co-Founderin Mengting Gao aufgebaut hast! Wie war es für dich, in so jungen Jahren Gründerin und Geschäftsführerin eines erfolgreichen Unternehmens zu sein?

Ja, das war schon eine sehr spannende, lehrreiche und intensive Zeit! Ich habe den Schritt als Mitarbeiterin zu starten direkt übersprungen und wurde Arbeitgeberin. Ich habe immer gejobbt und Praktika gemacht, hatte aber nie einen Vollzeitjob nach der Uni, sondern habe direkt gegründet. In Deutschland sind wir meistens sicherheitsbewusster und sagen: “Nimm den Job an, dann bist du unter Dach und Fach.” Oftmals fehlen im Umfeld leider unternehmerische Vorbilder und man weiß daher nicht so direkt “Ah, okay, die Selbstständigkeit und die Gründung könnte auch ein Weg sein”.

Die Idee zur Gründung kam dann an der WHU, die eine starke Gründer-Uni ist. Da haben z.B. die Zalando Jungs studiert, die Gründer von HelloFresh und studiVZ, aber eigentlich denkt jeder Dritte darüber nach, ein Unternehmen zu gründen. “Ach guck mal, vielleicht ist das ja auch ein Weg, den ich einschlagen könnte,” habe ich mir gedacht. Die Idee zu Kitchen Stories hatten wir, weil ich tatsächlich nicht kochen konnte. Meine Kommilitonin Mengting hat immer Kochvideos geguckt und da kam die Idee. Anfangs war es natürlich ein harter Weg, weil wir im Alter von 25 Jahren auf Investorensuche gegangen sind und alle meinten: “Sorry, zwei Mädels und eine Koch-App? Ihr könnt keine Videos drehen, ihr könnt nicht coden, ihr könnt nicht kochen.” Mal ehrlich, ich hätte damals auch nicht in unser Startup investiert.

Also mussten wir vorerst mit unserem Ersparten loslegen. Diese Zeit des “Bootstrapping” war die schlimmste, aber auch beste Zeit meines Lebens! Nachts um 4 Uhr haben wir noch Videos gedreht! Nach fünf Monaten waren wir online und Apple hat uns entdeckt. Wenn ich daran zurückdenke, an die Zeit von 2013 – 2020, das waren sieben Jahre: Mein erster Job, eine Firma aufbauen mit 70 Arbeitsplätzen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit rund 20 Millionen Nutzern. Das zu schaffen. Das ist schon ein riesiges Privileg.

Im Rahmen deiner Arbeit bei Kitchen Stories hast du beeindruckende Persönlichkeiten wie etwa Tim Cook von Apple oder auch die Investorin Verena Pausder kennengelernt. Als Bundestagsabgeordnete arbeitest du eng mit Wirtschaftsminister Robert Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz zusammen. Welche Menschen haben einen ganz besonderen Eindruck auf dich hinterlassen? Was hast du von ihnen lernen?

Also ich finde das wirkliche Privileg an meinem Beruf ist, dass ich so viele verschiedene Menschen kennenlernen und Perspektiven einnehmen darf, die ich zuvor nicht hatte. Bei Kitchen Stories waren es natürlich viele spannende Menschen, die in der Wirtschaft Verantwortung übernehmen oder auch viele tolle, inspirierende Gründungspersönlichkeiten, Gründerinnen und Investorinnen.

Allerdings bin ich auch sehr dankbar für die Menschen, die ich aktuell kennenlerne. Zum Beispiel war ich vor kurzem im Brüderkrankenhaus, in der Pflegeschule und habe mich mit jungen Pflegekräften unterhalten. Sie haben wir erzählt, was sie antreibt und motiviert, diesen Beruf zu erlernen. Oder ich durfte einmal mit einem Ingenieur aufs Windrad in Reinsfeld steigen und er hat mir erzählt, warum der Bau eines Windrades eigentlich so lange dauert.

Nicht Titel, Anzahl an Mitarbeiter oder Umsatz begeistern mich. In meinem Beruf lerne ich tagtäglich viele hoch motivierte und spannende Menschen kennen, deren Wünsche, Schicksale, aber auch Ideen. Dann zu fragen, was kann ich für dich tun? Das ist das, was mich antreibt. Themen mit nach Berlin zu nehmen und mich dort dafür stark zu machen.

Gibt es Trierer*innen, die dich und deine Arbeit massiv beeinflusst haben und die du bewunderst?

Ja, definitiv Malu Dreyer. Sie ist natürlich ein absolutes Vorbild für mich. Sie ist Powerfrau und ist trotz ihrer bedeutsamen Arbeit und Funktion als Ministerpräsidentin genauso herzlich und bodenständig wie noch vor 12Jahren, als ich sie das erste Mal kennenlernte. Sie ist eine Person, die ich absolut bewundere und ein großes Vorbild, Mentorin und Unterstützerin.

Was sind denn konkret deine Wünsche und Pläne für Trier?

Kurzfristig: Eine bessere Verkehrsanbindung, bestenfalls ein ICE-Halt für Trier. Langfristig möchte ich, dass wir unseren Wirtschaftsstandort weiterentwickeln und verzahnen. Ein ganz großes Potentialfeld sehe ich beim Thema Klimaneutralität im Bereich Bauen. Was erwartet uns dort? Der Bausektor ist für 30-40% der CO2-Emissionen zuständig und wir müssen dringend mit alternativen Materialien bauen. Bauen mit Holz wird da ein riesengroßes Thema werden. Hier in Trier haben wir eine überdurchschnittlich hohe Zimmerer-Dichte und mit Rheinland-Pfalz sind wir das waldreichste Bundesland. Es gibt viele innovative Unternehmen und Sägewerke in der Region und viele tolle Holzbaufirmen. Auch die Hochschule Trier mit dem Campus Birkenfeld ist im Bereich nachhaltiges Bauen führend und macht ganz viel. Wie kriegen wir das Wissen in die Wirtschaft? Wie schaffen wir es, dass sich hier neue Unternehmen ansiedeln? Wie können wir uns gegenseitig inspirieren und davon profitieren?

In Trier sind wir sehr stark wirtschaftlich verknüpft mit Luxemburg. Der größte private Arbeitgeber ist der Zigarettenhersteller JTI. Danach kommt Verwaltung, Krankenhäuser und die Universität. Wie können wir aber den Mittelstand, der in der Region führend und sehr stark ausgeprägt ist, gemeinsam groß machen? Und genau das ist mein langfristiges Projekt, bei dem ich möchte, dass wir gemeinsam mit Bund, Land, Europa arbeiten und auch entsprechende Fördergelder bekommen – und das gerne grenzüberschreitend.

War das deine Idee?

Ja, ich bin mit meinem Team halt sehr betriebswirtschaftlich vorgegangen. Ich habe geguckt, was sind Stärken, Schwächen und Potentiale der Region. Am Ende des Tages sind Förderbescheide gut und wichtig, aber ich möchte ja auch mal gucken, nicht nur welche Programme es gibt, sondern was passt auch zur Region, was haben wir und was können wir daraus bauen. Und im Holzbausektor haben wir schon sehr viel Stärke und das auch dementsprechend zu begleiten. Im Bund werden wir die Holzbau-Strategie umsetzen und das Land arbeitet schon sehr viele Jahre mit einem Holzbaucluster. Aber wie kriegen wir das hier in Trier auch wirklich wirtschaftlich verzahnt? Das ist die Herausforderung.

Was macht das Leben in Trier so lebenswert für dich?

Also für mich ist es die Kombi aus Wein und Geschichte, aus Mosel und Weinberge. Die Herzlichkeit der Menschen, wenn auch manchmal erst auf den zweiten Blick. Also nicht jeder Trierer, jede Triererin, ist direkt komplett offen, hat aber ein gutes Herz.

Zudem finde ich es sehr cool, dass Trier sich total weiterentwickelt. Wir bleiben nicht stehen. Das kann man ganz gut an den kulinarischen Konzepten der Stadt sehen – von Herrlich Ehrlich bis Flietenfranz, aber auch die SIM, die früher eher bei Touristen beliebt war, bietet nun z.B, eine Winterlounge, Konzerte und Kulinarik für die Einheimischen. Kultur generell hat sich weiterentwickelt. Warst du schon einmal bei den Trierer Unterwelten? Das findet jährlich statt. Da öffnen sich Keller und Locations, an die man sonst nicht kommt. Es gibt True Crime-Lesungen in der Fahrradgarage oder die Bischöfliche Weingüter, Vereinigten Hospizen und Kesselstadt öffnen ihre Türen. Man kann bei den Fässern rumlaufen, jemand spielt Piano oder man ist in irgendeiner verlassenen Kirche, in der es Geigenkonzerte gibt. Kunst und Kultur bedeutet nicht nur das Landesmuseum, sondern auch, neue Arten von Kultur zuzulassen. Da entwickelt sich Trier auch dank unseres Dezernenten Markus Nöhl wahnsinnig weiter. Neben natürlich den festen Bestandteilen wie dem Olewiger Weinfest, dem Altstadtfest und den Dingen, die wir eben hier auch haben.

Du hast schon viel erlebt und auch gesehen. Mich würde interessieren, was jeder Mensch deiner Meinung nach einmal im Leben gemacht oder gesehen haben sollte?

Was sollte jeder mal gemacht haben? Gute Frage, sich mal aus seiner Komfortzone herausbewegen. Ich habe das Gefühl, dass man sich gerade in Deutschland oftmals lieber in Sicherheit wiegt und den Job erst dann kündigt, wenn man etwas Neues gefunden hat oder wenn man etwas erreicht hat. Einfach mal zulassen, dass Risiko oder auch Optionen sich ergeben, wenn man sich mal traut und seinem Herzen folgt. Auch wenn es noch nicht klar ist, ob es gut ausgeht. Sich zu denken, was könnte ich tun? Wofür brenne ich wirklich?

Auch bei uns in der Region kenne ich viele, die in bestimmten Bereichenmanchmal auch in der Finanzbranche, arbeiten, obwohl es ihnen eigentlich keinen Spaß macht und sie eigentlich was ganz anderes machen möchten. “Dann müsste man nochmal umschulen”, sagen sie dann häufig. Aber wir leben ja noch 30, 40 oder 50 Jahre. Ich finde es wichtig, sich mal aus der Komfortzone zu bewegen und die Dinge zu verfolgen, die vielleicht auch nicht klappen werden, aber es wenigstens mal probiert zu haben. Und mit Bundesmitteln gibt es auch viele individuelle Weiterbildungsmöglichkeiten.

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Foto: Selin Jasmin (www.instagram.com/photobyselin)

 

Über die Autorin
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Beatrice Linzmeier
Bea ist die Initiatorin von DearTrier.de. Die gebürtige Triererin ist aus der Hauptstadt zurück in ihre schöne Heimatstadt Trier gezogen. Hier betreibt sie eine kleine Social Media Agentur, schreibt für ihr Blogprojekt und genießt das Leben mit ihrer Family in vollen Zügen.

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